Dreißig Jahre im Pflegeberuf bedeutet umgerechnet 200 Dienstbesprechungen. Das hört sich nicht so wahnsinnig viel an. Es ist aber viel. Wahnsinnig viel.
200 Dienstbesprechungen, die so wertvoll wie ein kleines Steak waren und sind.
Alle sechs bis acht Wochen hängt ein Zettel an der Pinnwand mit einer herzlichen Einladung (Sie sind immer sehr herzlich gehalten. Man möchte ja dem Mitarbeiter einen schönen Nachmittag in exquisiter Runde schmackhaft machen).
Manchmal stehen schon vorab einige wichtige (!) Tagesordnungspunkte auf der Liste.
Manch engagierter Kollege(in) schreibt auch schon mal eigenmächtig unfassbar wichtiges darunter. Nicht, dass der wichtige Punkt: „Ordnung im Aufenthaltsraum!!!!“ vergessen wird ( das Ausrufezeichen ist nicht nur ein Rudeltier, sondern auch ein Mahner der guten Sitten!!!) Freunde – wo kämen wir hin, wenn jeder seinen Scheiß herumstehen ließe. Da sind wir uns doch alle einig. Nicht wahr? Das muss doch mal irgendwann in die ignoranten Köpfe – Himmelnocheinmal!!!
Hygiene.
Neues aus der Pflegedirektion.
Neues aus der Anstalt.
Beschaffung- und Wirtschaftsplan
Der Wunschdienstplan
„Also Leute – noch mal zum mitschreiben und denken: Das ist hier kein Ponyhof, sonderen unsere allseits geliebte Arbeit . Und wir planen nicht eure Freizeit, sondern versuchen einen Dienstplan zu erstellen. Deswegen heißt es Dienstplan und nicht Freizeitplan. Nä? Merkta selbst! Wer also künftig mehr als vier Wünsche für den Monat einträgt, wird mit Liebsentzug bestraft!“
Der Urlaubsplan
Das Bestellsystem.
Handyverbot für alle.
Welcher Vollhorst hat 20 Flaschen „Unacid“ bestellt?
Welcher Kasper hat 200 Mullbinden zuwenig bestellt? Und warum gibt es seit Tagen keine Kathetersets mehr? Reißt euch doch einmal zusammen! Das kann doch nicht so schwer sein, durchzugehen und vernünftig zu bestellen!
Bitte das Teambuch beachten.
Bitte die Patienten ausziehen. Es hat schon wieder Beschwerden der Röntgenabteilung gegeben, weil die sich durch BHs und Hosenträger arbeiten mussten. Kinder, dass muss doch nun wirklich nicht sein!
Dienstverteilungen zu jahreszeitlichen Festivitäten. (Fasching/Ostern/Pfingsten/Weihnachten/Silvester/Neujahr).
Jahrein. Jahraus. Abweichungen sind möglich.
Es ermüdet ein wenig.
Der Kuchen, den immer jemand mitbringt tröstet wenig. Außerdem steht er prinzipiell immer am anderen Ende des Raumes, sodass es jeder mitbekommt, wenn man sich ein weiteres Stück Kuchen holen möchte. Diätetisch gesehen sehr schlau eingefädelt. Nur die diätetisch und emotional gefestigten Kollegen greifen öfters unter den strengen Blicken der Diätwacht zu.
Daher heckten der Kollege und ich neulich einen Plan aus. Zwecks der Ermüdung. Und zur Heiterkeit. Und überhaupt. Wenns langweilig oder blöd oder wie halt immer zu werden droht, braucht die Seele einen kleinen Spaß.
Das Dienstbesprechungsbullshitbingo.
Die Regeln:
Das Dienstbesprechungsbullshitbingo-Bingo ist eine humoristische Variante des Bingospiels, die die oft inhaltslose Verwendung zahlreicher Schlagwörter in Vorträgen, Präsentationen oder Besprechungen persifliert. Statt Bingokarten mit Zahlen werden Karten mit Stichwörtertn benutzt. Im Gegensatz zum originalen Bingo, bei welchem die zu streichenden Zahlen aus einer Lostrommel gezogen werden, werden Wörter gestrichen, wenn sie genannt werden. Bei einer vollständig gefüllten Reihe, Spalte oder Diagonale soll der Spieler den Regeln nach aufstehen und „Bingo“ oder auch, um die Inhaltsleere der Wortphrasen hervorzuheben, „Bullshit“ rufen.
Quelle: Wikipedia

Ich war bei dieser Besprechung, die sich kaum von all den anderen groß unterschied, nicht dabei. (Fast hätte ich „leider“ geschrieben! Aus Reflex. So weit ist es schon gekommen.)
Abends schickte mir der Kollege eine Nachricht mit: „Doppelbingo“ !!!

Alles also wie gehabt. Seit 200 Dienstbespechungen. Mit kleinen Abweichungen.Ich erwähnte es. Das digitale EKG, welches es nicht auf die Bullshitauswahl schaffte, war sowieso nicht dabei. Dabei haben wir so viel Freude daran! (Jahrelang antrainierte Heuchelei lässt sich auch nicht in einem Blogbeitrag verbergen)
Wir arbeiten jetzt an einer Art Laufzettel, in dem wir die immer wiederkehrenden Posten einfach vorab notieren. Quasi ähnlich der FAQ. Die kann man dann bequem vorab abzeichnen (auch ein wichtiger Punkt!) und so hätte man sich eine wertvolle Stunde Freizeit geschaffen. Bingo!
XD hahahaha so sieht das auch im Kindergarten aus, nur ohne Mediausstattung. Oh Mann… wer brauch denn auch schon Freizeit und Erholung wenn man arbeiten kann??? XD