Die Chirurgin erzählt

Eine Frau.  ’74 geboren. Verheiratet. Ein Sohn.

Die Schilddrüse muss raus. 

Nach zahlreichen Besuch bei verschiedenen Ärzten und vielen Aufklärungsgesprächen  – was – wieso- weshalb und warum – kommt die postoperative Visite nach der OP.

Es folgen die Fragen der Patientin. 

Was ist die Schilddrüse? 

Wenn die Schilddrüse weg ist  – was ist mit den Knochen in Hals?  Sind die dann noch da?

Kann ich meinen Sohn jetzt noch anschreien?

Kann ich noch atmen, wenn jetzt die Schilddrüse weg ist? 

Der Vater der Patientin berichtet, dass auch er ohne Schilddrüse lebt. Statt dessen hätte er jetzt einen Stent.

Sagen wir mal so: Aufklärungsgesprächen werden hin und wieder auch überbewertet. Da nützen die ganze Gespräch nichts. Es überfordert die Menschen.

Mittlerweile geht es der Patientin wieder sehr gut und sie ist Zuhause. 
Die Chirurgin ist immer noch  leicht ratlos.

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Kategorisiert in Allgemein

Von Ingeborg Wollschläger

Dreißig Jahre war ich Krankenschwester und davon über zwanzig Jahre in einer Notaufnahme beschäftigt. Im März 2020 erschien mein Buch „Die Notaufnahmeschwester - ein Alltag zwischen Leben, Tod und Wahnsinn“ im Penguin Verlag. 2018 kehrte ich der Pflege den Rücken und bin seitdem als Seniorenreferentin für die Betagten meiner Kirchengemeinde zuständig. Gepflegt wird nun nicht mehr: Jetzt wird "gehegt". In Gruppen und Kreisen, Gottesdiensten und bei jeder Menge Hausbesuchen bin ich mit den Seniorinnen und Senioren in engem Kontakt. Mit großem Interesse lausche ich dort den Geschichten der alten und manchmal auch sehr weisen Menschen. Der wahre Luxus meines derzeitigen Berufes ist, dass ich Zeit habe, mir Lebensgeschichten anzuhören. Ich darf nachfragen und bekomme fast immer Antworten. "Nebenbei" bin ich freiberufliche Journalistin für das Radio (u.a. Klassik Radio) sowie Mitglied der Redaktion des „Evangelischen Sonntagblatts aus Bayern“. Ich habe drei Söhne, einen Halbtagshund und liebe Suppe.

9 Kommentare

  1. Traurig für dich, dass „dein“ Tisch so einer starken Fluktuation unterworfen ist. Aber es ist und bleibt ein Altenheim, indem Menschen ihre letzte Lebenstation erleben und von uns gehen. LG Susanne

  2. Pat. vielleicht auch einfach nur schlechtaufgeklärt? Jeder Jeck (Pat.) is eben einfach anders und versteht mitgeilte Inhalte anders. Und manches Mal kommt dem Doc vielleicht auch sein ganzes Fachwissen in die Quere und verhindert eine Aufklärung, die keine Fragen mehr offen lässt. Wunsch: mehr Barmherzigkeit mit den Patienten und weniger sich „Drüberstellen“ vor lauter Frustrationkompensation im Job. Denn dann ist es tatsächlich so „Da nützen die ganze Gespräch nichts. …“ 🙂 Und och nich det janze Geschreibe …

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